Das Matthias-Claudius-Sozialwerk Bochum ist der Dachverband verschiedener selbstständiger Einrichtungen, die unter einer gemeinsamen Zielvorstellung arbeiten.
Die Matthias-Claudius-Schulen Bochum sind evangelische Schulen. Das Evangelisch-Sein haben wir von den Anfängen an nicht konfessionalistisch verstanden. Evangelisch bedeutet für uns vielmehr vom Evangelium herkommend. Evangelium ist die gute Nachricht von Jesus Christus. Deshalb haben wir in der Präambel des Trägervereins formuliert, dass wir uns „auch im Schulalltag an Jesus Christus und seiner Botschaft ausrichten" wollen. Wir wollen dabei über alle konfessionellen Unterschiedlichkeiten hinaus das suchen, was uns miteinander verbindet und nicht das, was uns trennt. Deshalb haben wir auch anhand der drei Artikel des apostolischen Glaubensbekenntnisses als einer maßgebenden Interpretation des christlichen Glaubens die evangelische Grundlegung und Ausrichtung der Erziehung unserer Schule formuliert. Sie bildet die Grundlage für unser pädagogisches Handeln. Aus diesem Grundverständnis heraus wurde der Arbeitsauftrag, die Gründung einer christlichen Schule in freier Trägerschaft, zum Schulnamen „Freie Christliche Schule Bochum". Fehldeutungen des Schulnamens (frei-christliche Schule) und Verwechslungen (u.a. mit der Freien Schule Bochum) haben 1991 zur Umbenennung der Schulen in Matthias-Claudius-Schulen Bochum geführt.
Die Matthias-Claudius-Schulen werden von einem Schulverein getragen, zu dem Mitglieder der Landes- und Freikirchen gehören. Der Trägerverein ist aus einem Initiativkreis heraus entstanden, der sich überwiegend aus Mitgliedern Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Bochum zusammensetzte. Trägerverein und Schulen sind Mitglied in den Evangelischen Schulbünden, der Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen und dem Verband „Gemeinsam leben, gemeinsam lernen" in NRW. Zur Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Schulen (AEBS) unterhalten Schulen und Trägerverein Kontakte. Die Schulen sind nicht der kirchlichen Schulaufsicht unterstellt, werden aber von der Schulabteilung des Landeskirchenamtes in Bielefeld beraten und unterstützt. Auf örtlicher Ebene werden die gewachsenen und neu entstehenden Beziehungen zu den Kirchengemeinden und ihren Institutionen, den Freikirchen und Verbänden auch im Rahmen der Gestaltung und Öffnung von Schule gepflegt. Die Kontakte erstrecken sich natürlich auch auf örtliche Gruppen und Vereine.
Was bestimmt das evangelische Profil maßgeblich? Wie konkretisiert sich dieses Profil im schulischen Alltag? Im Nachfolgenden soll der Versuch unternommen werden, dies zu umschreiben.
In der Entstehung und Geschichte unserer Schulen liegt ein tragender Eckpfeiler unseres evangelischen Profils begründet. In ihrer Betrachtung und Reflektion wird deutlich, dass unsere Schulen nicht allein aus Ideen und Visionen entstanden sind und sich daraus speisen, sondern ihren Ursprung im Auftrag Gottes finden, dem wir nachgekommen sind. So kommt der Anstoß für unsere Schule aus dem Wort des Propheten Jeremia „Suchet der Stadt Bestes" (Jer. 29,6).
Dieses Wort hat eine Suchbewegung (Wie können wir der Stadt Bochum Bestes suchen? Wie können wir Nöte als Herausforderungen begreifen?) ausgelöst, die zur Gründung unserer Schulen und zu unserem Schwerpunkt des gemeinsamen Unterrichts mit Behinderten und Nichtbehinderten aus christlicher Verantwortung geführt hat. Die vielfältigen und vielschichtigen Erfahrungen machen bewusst, dass unsere Schulen nicht allein in unserem Vermögen und unseren Möglichkeiten Bestand haben, sondern von Gott und seinem Wirken ermöglicht und getragen werden.
Dabei haben wir beides erlebt: Die Überwindung schier unüberwindlicher Grenzen und Hindernisse, aber auch die Begrenzung unseres Handelns und unserer Einflussmöglichkeiten. Auf diesem Wege haben wir immer wieder Worte des Alten und Neuen Testaments als wegweisenden, tröstenden und auch korrigierenden Zuspruch erlebt. Das gemeinsame Gespräch und Gebet haben Haltpunkte geschaffen und immer wieder Horizonte aufgezeigt. Deshalb muss es wichtig sein, diese Erfahrungen zu erzählen und damit weiterzugeben.
Diese Erfahrungen machen auch Mut, die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen im Blick auf die Begleitung und Fürsorge Gottes in Angriff zu nehmen. Sie können auch helfen, Geduld zu entwickeln, d.h. unter den Spannungen (nicht nur zwischen Anspruch und Wirklichkeit), in denen wir immer wieder stehen, auszuhalten.
Die obigen Ausführungen dürften deutlich machen, dass das evangelische Profil sich nicht über Verlautbarungen und Konzepte vermittelt, sondern über Menschen, die aus dem Glauben heraus leben und bereit sind, eigene Erfahrungen mit dem Evangelium zu machen. Dieser Kreis umfasst in erster Linie Lehrer/innen, aber auch die Personen, die im Trägerverein Verantwortung übernehmen. Er wird erweitert durch die Menschen, die uns mit Rat und im Gebet unterstützen und begleiten. Wir sind von Anfang an davon ausgegangen, dass jede/r Lehrer/in aus diesem Selbstverständnis heraus eine Identität als Christ hat und entwickelt, die in den Bezügen des Schullebens, d.h. im Miteinander mit Kollegen/innen, Schülern/innen und Eltern, und im Unterricht Gestalt gewinnt. Deshalb haben wir auch auf die Verfassung von Richtlinien und Lehrplänen verzichtet, die detailliert festlegen, wie und wo das evangelische Profil unserer Schulen Gestalt zu gewinnen hat. Das schließt nicht aus, dass über die Evangelische Grundlegung und Ausrichtung der Erziehung hinaus auch schriftlich fixiert wird, in welchen fachlich-inhaltlichen Bezügen sich unser christliches Selbstverständnis konkretisiert. Diese schriftliche Fixierung macht auch im Blick auf die Formulierung eines Schulprogramms Sinn. Sie ist aber nicht Voraussetzung, sondern Folge unseres pädagogischen Handelns. Das evangelische Profil unserer Schulen, das bei der Lehrerpersönlichkeit und ihrer christlichen Identität ansetzt, beinhaltet für unsere Schulen eine ungeheure Vielfalt und einen großen Reichtum, der uns vor einer formalen und dogmatischen Umsetzung unseres Profils schützen kann. Die Chancen, die damit verbunden sind, können sich um so mehr entfalten, wenn wir begreifen und in Anspruch nehmen, dass wir auf Ergänzung und Korrektur angewiesen sind.
Dieser Zugang ist neben seiner eindeutigen Stärke immer wieder auch Grenzen und Gefährdungen unterworfen. Andersartigkeit und Vielfalt können auch als Bedrohung empfunden werden, vor der man sich abschotten will. Viele von uns knüpfen hohe Erwartungen an sich, ihre Arbeit und an andere. In einem Klima, das von Einsatz und Nähe geprägt ist, bleiben Missverständnisse, Misserfolge, Enttäuschungen und Verletzungen nicht aus. Diese Kräfte können eine lähmende und zerstörerische Wirkung entfalten.
Nüchtern betrachtet sind diese Konflikte auch Realität an unseren Schulen. Unsere Chance ist, dass wir auch angesichts deprimierender Erfahrungen mit Gottes Beistand rechnen dürfen und erfahrene Vergebung sowie die Bereitschaft zur Vergebung zu Neuanfängen ermutigen. Einige Gesichtspunkte und Einstellungen, die in dem Artikel bislang formuliert worden sind, finden sich in der evangelischen Grundlegung und Ausrichtung wieder bzw. sind aus ihr erwachsen. Die evangelische Grundlegung beschreibt die wesentlichen Grundaussagen unseres christlichen Selbstverständnisses und stellt sie in Beziehung zu pädagogischen Handlungsfeldern unseres Schulalltags. Dabei umschreibt sie u.a. auch die Lehrerrolle im Erziehungsprozess. Sie stellt damit einerseits die Basis da, die uns als Kollegen/innen in unserer Arbeit verbindet. Andererseits umschreibt sie exemplarisch die Zielvorstellungen, auf die wir hin unterrichten und erziehen wollen. Ihre Aussagen bedürfen der Bewährung und Ausgestaltung in Unterricht und Schulleben. Hier sind das eigene Überdenken und das gemeinsame Gespräch erforderlich, um die Chancen, aber auch möglichen Grenzen ihrer Anwendung im konkreten Einzelfall zu prüfen. In der evangelischen Grundlegung wird auch ersichtlich, dass der gemeinsame Unterricht mit Behinderten und Nichtbehinderten eng mit unserem christlichen Selbstverständnis und Menschenbild verknüpft ist. Integration und christliche Schule sollen für uns deshalb nicht ein doppeltes Profil, sondern ein Ganzheitsprofil bilden.
Die evangelische Grundlegung beschreibt auch das Anliegen unserer Schulen, Kinder (und auch Eltern) zu einem Leben im Glauben und zum Dienst am Mitmenschen zu ermutigen. Sie geht dabei von der Überzeugung aus, dass es nur eine Erziehung aus Glauben, aber keine Erziehung zum Glauben geben kann. Die evangelische Grundlegung macht deutlich, dass es nicht um eine Verchristlichung der Fächer geht, wohl aber um eine sinnvolle Verknüpfung von Fachlichkeit und Christlichkeit in der Person des/der Lehrers/in. Christliche Vorstellungen und Aussagen sollen auch dort im Fachunterricht zur Sprache kommen, wo sie sinnvoll einen Sachverhalt erschließen bzw. dessen Kontext erweitern helfen. Das geistliche Leben braucht auch Orte und Räume im Schulleben, an denen es sich entfalten kann. Aus den nachfolgenden Beschreibungen lässt sich ersehen, dass es nicht um eine vollständige Aufzählung oder einen abgeschlossenen Kodex gehen kann.
Neues muss entdeckt und entwickelt werden, Bewährtes muss begriffen und immer wieder neu mit Leben gefüllt werden.
Gottesdienste gehören zum Schulleben. Die Teilnahme wird von Schüler:innen und Lehrer:innen erwartet, Eltern werden zu ihnen eingeladen. Zur Zeit sind wir dabei, eine tragfähige Gottesdienststruktur zu entwickeln, da es kaum möglich ist, mit den Schüler:innen aller Jahrgangsstufen gemeinsame Gottesdienste zu feiern. Im letzten Schuljahr haben wir erstmalig für die Schüler:innen der Jahrgänge 9-11 und das Kollegium in der Woche vor den Osterferien einen Jugendkreuzweg durchgeführt.
Der morgendliche Einstieg in den Tag in Form einer Andacht zu Beginn der ersten Stunde hat einen festen Platz an unserer Schule gefunden. Hier bietet sich eine breite Palette von Gestaltungsmöglichkeiten an, die der Lehrer bzw. die Lehrerin der Schülergruppe entsprechend ausrichten muss. Hier sollen durchaus Schüler:innen mit in die Gestaltung einbezogen werden. Die Herausgabe eines schulinternen Andachtsreaders als Impulsgeber ist geplant.
Als Kollegium laden wir jeden Morgen gegen 7.45 Uhr zu einem Morgengebet im Andachtsraum ein. Unsere Gesamtkonferenzen beginnen wir mit Andacht und/oder Lied. Wir feiern als Kollegium Gottesdienste oder laden zum liturgischen Gebet ein. Wir planen auch ein Einkehrwochenende für interessierte Kollegen:innen.
Mit dem Neubau haben wir einen Andachtsraum oder Raum der Stille bekommen, der den gesamten Schultag geöffnet ist und Einzelnen wie Gruppen die Möglichkeit zum Gebet und zur Meditation bietet.